Hallo, ich bin Dina, sechs Jahre alt.

Ich wohne bei meinem Rudel, den Wimmers.
Die Wimmers, das sind Doris, Jörg, Tilman und Nina.
Ich denke, ich kann ohne schlechtes Gewissen behaupten,
dass ich mich mit meinem Rudel ganz gut verstehe – leider war
das anfangs nicht immer so.

Aber das Beste ist, ich fange von vorne an.

Ich war erst sechs Wochen alt, da hat mich der Alphaleitwolf meines Rudels weggeworfen.
Ich musste auf einem Parkplatz warten bis nette Zweibeiner kamen und mich mitnahmen.
Dann kam ich in ein neues Vierbeinerrudel. Das war lustig, da konnte man spielen und es gab immer etwas zu Fressen.
Aber drei Monate später musste ich schon wieder umziehen. Ich sollte ein Wachhund auf einem großen Firmengelände werden.
Nun ja, Wachhund…. Was ist das???
Ich dachte, da muss man ganz lieb zu den Menschen sein, sie freudig begrüßen und sich streicheln lassen.
Aber mein neuer Besitzer war da anderer Meinung. Er dachte, ich müsste böse sein und ganz viel Bellen – nur das Problem war: ich wusste bis dahin noch nicht, was Bellen war!!!
Aber ich hatte Glück, ich durfte zurück in das Rudel wo es Fressen gab und man spielen konnte.
Hier fand ich es lustig.

Nun war ich fast ein Jahr alt, hatte gute Aussichten auf die Stelle des Alphawolfes und, wie gesagt, immer was zu Fressen.
Aber das sollte nicht so bleiben: eines Tages kamen zwei Mitglieder meines jetzigen Rudels, Nina und Jörg.
Resultat war ein neuer Umzug (damals wusste ich noch nicht, dass es mein letzter sein wird. Ich dachte, es wird immer alle drei Monate ein neues Rudel für mich geben.).

Der Tag kam, an dem ich mein neues Heim betrat.
Das Erste, was ich vom Wohnzimmer aus sah, war eine große, grüne Wiese – ich liebe Wiesen!
Also sprintete ich los …PENG!!! Au, was war das? Ich bin direkt gegen die Glastür zur Terrasse gerannt. Woher sollte ich denn Wissen, dass es durchsichtige Wände gibt??

Ich muss aber sagen, im Großen und Ganzen war es ganz nett in meinem neuen Heim.
Nach zwei Tagen fand ich auch den geeigneten Schlafplatz: Früher habe ich immer auf dem Dach der Hundehütte geschlafen – so ein erhöhter Platz ist ganz toll.
Etwas ähnliches fand ich auch bei den Wimmers. Doris nannte es den antiken Rosenholztisch.
Das sollte mein neues Bett sein, dachte ich.
Aber als Nina mich auf dem Tisch erwischte, gab es ein Riesendonnerwetter.
Also gab ich diesen traumhaften Schlafplatz auf – man will ja nicht gleich am Anfang einen schlechten Ruf haben.

Einige Monate später sollte ich kastriert werden.
„Kastrieren..?“ Was ist das?
Ich weiß nur noch, dass ich zu Hause aufgewacht bin und mein Bauch ganz arg weh getan hat.
Nachts hatte ich dann das Bedürfnis ein großes kuscheliges Nest zu bauen. Nur das Material dazu fehlte mir noch.
Doch da kam mir der rettende Einfall: die zwei Ledercouchen und der Ledersessel!
Ich zerlegte alle drei Möbel in feinste Einzelteile und entfernte die weiche Füllwatte. Klasse! Im Wohnzimmer sah es aus wie nach einem Wirbelsturm und mein Nest war perfekt.
Aber fragt nicht, was für ein Theater ich mir früh morgens anhören musste, als Doris das sah.

Die neue Ledergarnitur steht jetzt übrigens schon unversehrt seit fünf Jahren in meinem Wohnzimmer -ich werde nie wieder eine Höhle bauen, das könnt ihr mir glauben.

Das waren meine ersten glorreichen Monate in meinem neuen Rudel.
Dann wurde ich Helga vorgestellt.
Helga, die Frau mit dem Futtersack, die, bei der man auf einmal ganz lieb sein kann.
Ich lernte an der Leine zu laufen, sprang nicht mehr jeden an (obwohl ich streichelnde Menschen abgöttisch liebe), lernte Sitz, Platz, Bleib. Und das schlimmste: ich durfte keine leckeren Rehe mehr jagen.
Dafür liebte mich mein Rudel mehr und mehr.

Sie sagten immer: aus dem chaotischen Monster wird langsam ein Hund.

Jetzt bin ich Rettungshund beim THW, arbeite wenn Nina nicht da ist als Anwaltsgehilfe in Jörgs Büro, und bin Versuchsobjekt für Nina, die alle tiermedizinischen Untersuchungen an mir übt.
Aber was lässt man sich nicht alles gefallen, um von seinem Zweibeinerrudel geliebt zu werden.

Herzliche Grüße!
Eure Dina