Hallo Ihr Lieben!

Mein Name ist Lucy und das auf dem Foto bin ich mit meinem Frauchen Claudia.

Wir sind jetzt seit ein paar Wochen bei der Helga in der Hundeschule und weil wir die Helga so toll finden (die versteht nämlich wirklich was von uns Hunden) und sie uns schon so viel geholfen hat, schreiben wir jetzt hier unsere Geschichte auf. Vielleicht können wir anderen damit Mut machen und dazu beitragen, dass ganz viele Menschen und Hunde noch viel mehr Spaß miteinander haben.

Zu meinem Frauchen kam ich vor 2 1/2 Jahren. Vorher hatte ich kein sehr schönes Leben. Die Menschen, bei denen ich ganz am Anfang meines Lebens war, die haben mich nur in einen Zwinger gesperrt und mir gar nichts von der Welt gezeigt. Als ich ca. 3 Jahre alt war, haben sie mich in Gießen zu einem Tierarzt gebracht und zu ihm gesagt, er soll mich einschläfern, weil sie mich nicht mehr brauchen. Der Tierarzt hat das natürlich nicht gemacht und hat mich seiner Praktikantin mitgegeben. Mit der bin ich dann nach Leimen gezogen. Leider konnte sie mich auch nicht behalten und hat mich dann nach 3 Wochen auf einen Reiterhof gebracht. Aber weil ich doch noch gar nichts von der Welt gesehen hatte und mir auch keiner beigebracht hat, wie Hund sich so benimmt, habe ich den ganzen Hof wohl ziemlich durcheinander gebracht. Also konnte ich da auch nicht bleiben. Danach bin ich zu einem älteren Ehepaar gekommen. Die waren beide sehr nett und haben mich auch wirklich lieb gehabt, aber weil ich doch immer so an der Leine gezogen habe und oft weggelaufen bin und Autos gejagt habe, na ja und auch sonst nicht so einfach war, haben die nach einem neuen Zuhause für mich gesucht. Das war im Oktober 1999, da habe ich mein neues Frauchen zum ersten Mal gesehen. Zu ihr hingetraut habe ich mich erst mal gar nicht. Ich wollte eigentlich zu gar niemand Neuem mehr. Aber mein neues Frauchen hat mir viel Zeit gelassen und mich erstmal am Wochenende mit auf einen gaaaanz langen Spaziergang genommen. Mensch, hab ich einen Muskelkater gehabt! Ich war das doch gar nicht gewohnt, so viel zu laufen. Ja und das hat sie dann ein paar Mal gemacht und dann hat sie mich mit zu sich genommen. Ich hab vielleicht eine Angst gehab

Ich konnte überhaupt nicht still sitzen oder liegen. Ich bin immer nur hin und her gerannt, die Treppe hoch und wieder runter. Nur wenn mein Frauchen sich ganz still neben mich gesetzt hat und mich vorsichtig festgehalten und gestreichelt hat, dann hab ich mich ein bisschen entspannt. Aber wenn sie mich losgelassen hat, bin ich sofort wieder weitergelaufen, ich wusste gar nicht warum, aber ich bin gelaufen und gelaufen und gelaufen. Das ging drei Tage lang so.
Frauchen hat mir dann ganz tolles Futter hingestellt. Ich hab das ganz schnell in mich hineingeschlungen, weil ich doch gedacht habe, dass ich so etwas nie mehr wieder kriege. Dann ist mir aber schrecklich schlecht geworden und ich habe alles wieder erbrochen. Danach habe ich alle 2 Stunden nur ein kleines Bisschen von dem Superfutter bekommen und das konnte ich dann bei mir behalten. Die ersten paar Wochen in meinem neuen Zuhause war ich sehr ängstlich und wenn Frauchen mit mir spazieren gegangen ist, dann bin ich immer ohne Leine gelaufen, weil ich mich sowieso nicht von ihr weggetraut habe. Alles war so überwältigend, das ich gar nicht wusste, was ich mit den vielen Dingen da draußen in der Welt anfangen sollte.
Aber nach einiger Zeit wurde mein Selbstvertrauen immer größer und dann habe ich angefangen,die Nerven von meiner Chefin so richtig zu strapazieren. Die hatte nämlich vorher noch gar keinen eigenen Hund gehabt und hat oft gar nicht gewusst, was sie mit mir machen soll. Wenn z. B. ein Auto kam, dann bin ich vollkommen durchgedreht. Ich hab dann gebellt und wie von Sinnen an der Leine gezogen und dann hab ich mein Frauchen immer irgendwohin gebissen (weil ich doch so verstört war!) Sie hat mich dann ganz fest am Nackenfell gepackt und auf den Boden gedrückt und „nein“ gesagt. Das hat dann aber noch einige Zeit gedauert, bis ich mich so weit im Griff hatte, dass ich das nicht mehr gemacht habe. In dieser Zeit hat mein Frauchen viel geweint. Sie hatte mich doch so lieb gewonnen und alle Menschen um sie herum haben immer gesagt, sie solle mich weggeben und sich einen „Anfängerhund“ holen. Aber Frauchen hat das nicht gemacht und so haben wir uns unser Leben miteinander eingerichtet.
Meine Chefin bekam immer mehr Muskeln, weil ich so an der Leine gezogen habe und wenn wir anderen Hunden begegnet sind, dann habe ich mich ganz wild benommen und einmal sogar eine andere Hündin richtig gebissen. Von der Leine konnte mich Frauchen nur noch ganz selten lassen, weil ich immer weggelaufen bin und sie dann ganz schrecklich Angst gehabt hat, dass mich ein Jäger erschießt oder ein Auto überfährt.
Aber wir hatten auch ganz viel Spaß miteinander. Am allerliebsten sind wir immer ans Wasser gegangen. Das war und ist bis heute meine größte Leidenschaft. Da fühle ich mich richtig wohl und tobe ganz viel und springe und beiße in das Wasser, dass es nur so spritzt. Frauchen meint immer, dass ich wohl mit einem Delphin gekreuzt sei (weil ich auch so quietschen kann!) aber das ist natürlich Quatsch, das geht ja gar nicht!
Ein bisschen einsam waren wir schon, weil Frauchen ja nirgends mit mir hin konnte. Wenn ich Auto fahren musste, dann war ich immer so aufgeregt, dass ich alles, was mir zwischen die Zähne kam, zerbissen habe (Autositze, Türverkleidungen, die Schulter von meinem Frauchen…) Sie hat’s mit Maulkorb probiert, aber da bin ich dann völlig durchgedreht und dann ist sie nur noch mit mir gefahren, wenn ein anderer Mensch das Auto fuhr und sie mich festgehalten hat.
Für mich war das nicht so schlimm, weil ich ja mein Frauchen hatte, aber Frauchen war schon einsam und dann hat sie irgendwann von der Helga gehört und hat sie angerufen. Da war sie schon ein bisschen verzweifelt und hat gedacht, sie schafft das mit mir nicht mehr und hat der Helga dann alles erzählt und sie gebeten uns zu helfen.

Seit diesem ersten Mal sind jetzt ein paar Wochen vergangen und das Leben ist soooo viel schöner geworden. Ich fahre jetzt in einer großen Box im Auto mit! Zwar bin immer noch sehr aufgeregt aber ich belle nicht mehr die ganze Zeit. Manchmal fange ich in der Gruppenstunde auch schon an und spiele ein ganz kleines bisschen mit den anderen Hunden. Ich folge meinen Frauchen immer besser und belle auch nicht mehr jedes Auto an. Wenn wir spazieren gehen, dann darf ich an einer 20 m langen Leine laufen! Das ist so toll!!!! Und wir waren jetzt schon einige Male in einem Lokal zum Essen und ich bin ganz lieb am Tisch gelegen und habe nur geschaut!

Aber was fast das Wichtigste ist, wir haben Menschen kennen gelernt, die uns nicht ablehnen, sondern uns helfen, die uns auf unserem Weg begleiten und die uns sehr viel Zuneigung und Verständnis entgegenbringen. Es vergeht fast kein Tag, an dem wir nicht wieder einen ganz kleinen Fortschritt machen. Mein Frauchen hat viel gelernt und dadurch auch ich.
Wir wünschen uns, dass diese Geschichte Vielen Mut macht und dass die Menschen verstehen, dass ein Hund in jedem Alter noch lernen kann und es nie zu spät ist, noch mehr Freude aneinander zu haben.

Und mir als Lucys Frauchen bleibt zu sagen: ich habe durch Unwissenheit viele Fehler gemacht. Niemals habe ich meinen Hund geschlagen oder Lucy mit einem Stachelhalsband zu etwas gezwungen, aber ich habe auch erst durch sie lernen müssen, dass man mit Liebe nicht alles gut machen kann, dass Konsequenz und klare Grenzen für einen Hund sehr wichtig sind und dass man lernen muss, die Sprache der Hunde zu verstehen. Ich werde wohl nie aufhören zu lernen und bin wohl für immer vom „Hundevirus“ befallen.

In diesem Sinne wünschen wir allen Zwei- und Vierbeinern ein schönes Leben.
Claudia & Lucy

P.S. Wer mit mir Kontakt aufnehmen möchte kann dies auch gerne unter webmaster@clf-mobile-hundeschule.de tun. Lucy und ich würden uns freuen!

Nachtrag vom 25.10.2002
In der Zwischenzeit sind wir durch viel üben und lernen so unglaublich weit gekommen. – Ich hätte es nie für möglich gehalten.
Lucy fährt heute ohne Probleme Auto. Sie versteht sich mit anderen Hunden und sie läuft ohne Leine. Ich kann sie problemlos überallhin mitnehmen und sie erobert die meisten Menschenherzen im Sturm. Uns geht es beiden richig gut miteinander. Ich kann nur jedem der Probleme im Zusammenleben mit seinem Hund hat raten, lassen sie sich zeigen wie sie gemeinsam lernen ein Team zu werden!